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Freihandelsabkommen

Vor den Wahlen: BN radelt mit Kandidaten

Information vor Ort zu ökologischen Brennpunkten

 

Der Bund Naturschutz Schwabach nutzte die Wahlkampfzeit, um die hiesigen Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundes-, Land- und Bezirkstag zu einer Radtour zu ökologischen Brennpunkten einzuladen.

Die BN-Vorsitzende und Stadträtin Almut Churavy konnte neben interessierten Schwabacher Stadträten und Bürgern Manuel Kronschnabel (CSU), MdL Helga Schmitt-Bussinger (SPD), Peter Reis (SPD), Birgit Raab (B90/Grüne), Tilman Kuhl (B90/Grüne), Roland Wolkersdorfer (ÖDP), sowie Oswald Greim und Dr. Helmut Johach (beide Die Linke) begrüßen und zum Dialog vor Ort einladen. 

Der Verkehrsexperte des BN Schwabach, Werner Sauer, sprach eingangs den 6-spurigen Ausbau der A6 im Bereich Schwabach, der ursprünglich 2013/14 beginnen sollte, an. Nach den aktuellen Fakten dürften vor dem Ende dieses Jahrzehnts sicherlich keine Baumaschinen anrollen. Manuel Kronschnabel versprach eine Einschätzung zum vermutlichen Baubeginn nachzureichen. Einig waren sich die meisten Kandidaten mit dem BN, dass Straßensanierung absoluten Vorrang vor Neubau hat und die Bahn grundsätzlich gegenüber dem Straßenverkehr zu fördern ist. Helga Schmitt-Bussinger erläuterte, dass die SPD im Bayerischen Landtag für den Erhalt der Finanzierung der Bayerischen Eisenbahn-Gesellschaft votiert. Sie hält es für wichtig, die Kommunen bei der Finanzierung des  kommunalen Nahverkehr zu unterstützen, der zu oft kommunale Haushalte in Schieflage bringt.  

Mit den beiden Stadträten  Martin Sauer und Dr. Gerhard Brunner waren die beiden Initiatoren der Bürgersolaranlagen dabei. Sie erläuterten, dass die Energiewende einen verlässlichen Rahmen braucht. Sicherlich  kann und muss die Vergütung für regenerative Energiegewinnung langfristig sinken, aber Kürzungen müssen langfristig planbar sein. Deshalb ist es mehr als kontraproduktiv, wenn – wie im aktuellen Fall Seehofer/Forderung größeren Abstands der Windkraftanlagen zur Bebauung – durch ad-hoc-Aussagen einzelner Politiker die Planungssicherheit für Windenergie bewusst torpediert wird. 

Die Themen Trinkwasser und Hochwasser wurden von Almut Churavy am wunderschön blühenden, geschützten Sandmager-/Trockenrasen in Limbach angesprochen. Zu recht. Gerade geschützte unversiegelte Flächen garantieren die geforderte hohe Qualität unseres Trinkwassers und ermöglichen zudem das Versickern und Speichern des Regenwassers. Roland Wolkersdorfer forderte in diesem Zusammenhang das Ende der Ausweisung von Siedlungs- und Gewerbeflächen in potentiellen Überschwemmungsgebieten und Tilman Kuhl machte auf die Notwendigkeit von Wald- und Moorschutz in den Zu- und Oberläufen von Flüssen aufmerksam.  Das kürzliche „Jahrhundert“-Hochwasser hat eindrucksvoll gezeigt, dass das bisherige Ausspielen des technischen Hochwasserschutzes gegen den Naturschutz in eine Sackgasse führt. 

Helga Schmitt-Bussinger sprach eine Forderung des BN an, der sich alle anderen Kandidaten  anschließen konnten: Die Wasserversorgung, die die EU privatisieren möchte, muss in öffentlicher Hand bleiben.

Die im Flächennutzungsplan vorgesehene Bebauung an der Lindenbachstraße war maßgebendes Thema des nächsten Halts. Martin Sauer erläuterte eine brisante Diskrepanz: Einerseits 80 Hektar ungebremster Flächenverbrauch und Bodenversiegelung pro Tag in den Kommunen. Andererseits das Ziel der Bundesregierung, dies auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren oder sogar das 0-Hektar-Ziel der EU.Die diesbezügliche Einsicht bei den Kommunen ist in letzter Zeit sicherlich nicht gewachsen. Der kürzlich politisch durchgewunkene Landesentwicklungsplan ist für die Naturschützer wahrlich eine Katastrophe, da der Flächenverbrauch ungebremst weitergehen wird.

Von Dr. Johach wurde ein weiteres Problem angesprochen, das durch die Magnetwirkung der Städte mit Sicherheit auf uns zukommt: Das Ausbluten des ländlichen Bereichs durch Abwanderung in die Städte. Ganze Landstriche werden entvölkert. Strukturpolitik wäre eigentlich das Gebot der Stunde.

Die unterschiedliche landwirtschaftliche Nutzung der anliegenden Äcker konnte beim abschließenden Halt kurz vor dem Bauernhof Adel in Nasbach nicht gravierender sein: Großflächiger maschinen- und düngemittelintensiver Maisanbau (mit Abnahmegarantie) südlich des Wegs, manuell arbeitsaufwendiger Spargelanbau nördlich davon.  Diskutiert wurde der unaufhaltsame Strukturwandel hin zur Agrarindustrie. Karin Holluba plädierte leidenschaftlich für eine zukunftsfähige, kleinstrukturierte Landwirtschaft. Am Beispiel Milch erläuterte sie den Irrwitz in der globalisierten Landwirtschaft. Die Überproduktion an Milch in Deutschland wird durch Riesenmengen Soja aus Brasilien ermöglicht, die dort Ackerflächen für den Nahrungsmittelanbau der heimischen Bevölkerung in Anspruch nimmt. Die deutschen Milchprodukte landen dann in China oder Afrika und  zerstören dort die lokalen Märkte. Vom damit verbundenen ruinösen Preisverfall für die Milch-Bauern in Deutschland ganz zu schweigen.

Erschreckend auch das Ergebnis einer BUND-Studie, dass bereits bei 70 % der Bürger Glyphossat, ein Unkrautvernichtungsmittel aus der Intensiv-Landwirtschaft, im Urin nachgewiesen wurde? Birgit Raab ergänzte, dass dieses Mittel auch als Roundup in Baumärkten angeboten wird.

Das nächste Problem steht durch das mit den USA geplante „Transatlantische Freihandelsabkommen“ bereits vor der Tür, erläuterte Andrea Dornisch.  Die Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat schon - Hand in Hand mit den Lobbyisten - angekündigt, dass der Agrarsektor nicht ausgeklammert werden darf. Das bedeutet, dass amerikanische Gen-Produkte auf dem deutschen Markt landen werden.  Monsanto drängt z. B. auf die Zulassung des Genmaises „Smartstax“ für die Futter- und Lebensmittelproduktion. Dieser Mais produziert sechs Insektengifte und wurde gegen zwei Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht. Roland Wolkersdorfer verwies auf die dringend notwendige Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel.

 Almut Churavy verabschiedete die Kandidaten der anstehenden Wahlen mit dem Wunsch, die  gewonnenen ökologischen Eindrücke doch in künftige politische Entscheidungen einfließen zu lassen.

 

Bericht und Fotos: Klaus Achtnicht